28.10.2020

Die Wirtschaft in Zeiten von Corona – und nicht nur (Teil IV)

Nachdem im Sommer die Pandemie kaum mehr spürbar und das ängstigende Wort „Corona“ immer seltener in den Unternehmensfluren und in der Öffentlichkeit zu hören war, erfährt sie wieder in den kuscheligen Jahreszeiten ein Revival. Neben lokal starken und weniger starken Einschränkungen und auch wiederkehrenden Reisebeschränkungen, wird vor allem die Wirtschaft wieder auf eine harte Probe gestellt. Gleichzeitig waren die im März (News unter dem Titel „Die Wirtschaft in Zeiten von Corona“) beschlossenen Gesetze großzügig bis Ende September 2020 befristet. Aber was passiert jetzt? Und gibt es vor allem auch Änderungen, die mit der Coronapandemie nicht zusammenhängen?

Pandemiebegründete Änderungen:
Verlängerung von virtuellen Gesellschafterversammlungen
Eine große Herausforderung zur pandemischen Höchstzeit war die Organisation von Gesellschafterversammlungen, die gesetzlich unter Anwesenheit der jeweiligen Gesellschafter abzuhalten waren. Durch das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie war es erlaubt, Gesellschafterversammlungen und Hauptversammlungen virtuell durchführen zu lassen – jedoch befristet bis zum 31.12.2020. Nunmehr stehen die Gesellschaften vor einem organisatorischen Planungsproblem: Zwei Monate vor Ablauf dieser Frist werden bereits für Januar 2021 die ersten Versammlungen in physischer Form vorbereitet. Die Entwicklung der Pandemie ist jedoch unklarer als zuvor.
Nicht weiter verwunderlich ist demnach, dass sich der Gesetzgeber dazu entschieden hat, die oben genannte Frist noch bis zum 31.12.2021 zu verlängern. Dies erscheint zunächst ein planerischer Segen für die Gesellschaften. Der Referentenentwurf geht jedoch davon aus, dass die Gesellschafter nur bei Erforderlichkeit von einer virtuellen Versammlung Gebrauch machen sollen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Entwicklung der Pandemie die Durchführung einer ordentlichen Versammlung nicht anders zulässt. Als Indiz gelten dabei behördliche Beschränkungen hinsichtlich der Personenzahl bei Veranstaltungen. Als Konsequenz führt dies jedoch dazu, dass Gesellschaften bei der Organisation von Hauptversammlungen immer vor der Frage stehen werden, ob zu dem gegebenen Zeitpunkt eine behördliche Beschränkung besteht oder nicht. Das Ergebnis für 2021 wäre dann die proaktive Planung von „hybriden“-Versammlungen, nämlich Präsenz-Hauptversammlungen und virtuellen Hauptversammlungen.

Verlängerung der Insolvenzantragspflicht
Die „Rettung“ für viele Corona-bedingte und von der Insolvenz betroffene Unternehmen war die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020. Auch diese Frist ist nunmehr abgelaufen, obwohl die Pandemie in verstärkter Form zurückgekommen ist. Die gesetzgeberische Reaktion liegt sodann auf der Hand: die Frist wird bis auf Weiteres bis zum 31.12.2020 verlängert. Doch auch hier ist Vorsicht geboten und das Kleingedruckte zu beachten. Die Verlängerung der Insolvenzantragspflicht bis zum Ende des Jahres 2020 gilt nur im Falle der Corona-basierten Überschuldung. Für den Fall der Zahlungsunfähigkeit gilt die in der InsO geregelte Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) von spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit.
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Änderungen unabhängig von der Pandemie:
Die neuste gesetzliche Errungenschaft ist das am 09.10.2020 verabschiedete Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – kurz: das Abmahngesetz. Damit einhergehend kommen diverse Änderungen des UWG, des UklaG und des UrhG. Sinn und Zweck des Gesetzes ist die Eindämmung von missbräuchlichen Abmahnungen, die unter anderem durch die Erhöhung der Anforderungen an die Klagebefugnis einhergehen. Bewerkstelligt wird dies durch die Klagebefugnis von Mitbewerbern nach dem UWG: Mitbewerber können demnach Unterlassungsansprüche nach dem UWG dann geltend machen, wenn sie Waren und Dienstleistungen in nicht unerheblichen Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Die Mitbewerber müssen demnach nachweisen können, dass es eine tatsächliche geschäftliche Tätigkeit gibt. Ferner steht die Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur noch „qualifizierten Wirtschaftsverbänden zu, die nach dem UKlaG durch das Bundesamt für Justiz in einer Liste eingetragen werden. Dies ist bisweilen nicht jedem Wirtschaftsverband vergönnt, sondern nur denjenigen, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.
Die wohl bedeutsamste Änderung ist das Einfügung des § 8c UWG zum Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen. Unverändert bleibt sicherlich, dass die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen weiterhin unzulässig ist. Die bereits in der alten Fassung bestehenden Beispiele haben durch die Änderung jedoch nunmehr eine Indizwirkung im Rahmen der Berücksichtigung aller Umstände mit der Folge: der Abmahnende braucht diese Indizwirkung nur zu erschüttern.
Die weitere Neuerung: bei der erstmaligen Abmahnung durch den Mitbewerber ist eine Vertragsstrafe ausgeschlossen. Bei einem unerheblichen Verstoß ist die Vertragsstrafe auf 1.000 EUR beschränkt. Dies gilt nicht nur, wenn die Betriebsgröße des Mitbewerbers nicht 100 Mitarbeiter überschreitet. Das Ziel der Änderung ist offenkundig: gerade kleinere Betriebe sollen vor einer flächendeckenden Geltendmachung von Vertragsstrafen geschützt werden.

Über diese und weitere Änderungen verbunden mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs können Sie sich bei unseren Rechtsanwälten von FinLegal informieren lassen.